Spektakuläre Böenwalze und Superzellen (26.06.2003)

Bereits in der Stadt Zürich war es nach einem kurzen Regenguss ziemlich schwül und im SW war ein kräftige Gewitterzelle zu erkennen (17:15). Auf dem Heimweg von der Uni sah ich, dass sich auch Richtung Deutschland etwas zusammenbraute. Westlich von Winterthur waren dichte Fallstreifen und nördlich sah man interessante Wolkenstrukturen. Die Wolkenunterseite wies eine Bänderung auf und es war ein seltsames Wolkenloch zu sehen. Es sah alles nach starker Hebung aus, die an der Vorderseite einer Konvergenzzone verursacht wird. Zwischen Winterthur und Frauenfeld sah ich über einem Hügel im Norden (ich glaube, er heisst Buchberg) helle Wolken aufsteigen (18:00). Rotation war aus dem fahrenden Zug nicht zu erkennen, aber da könnte was gewesen sein, denn die Wolkenstrukturen darüber sahen sehr merkwürdig aus. Zwischen Weinfelden und Ermatingen waren immer wieder Rotationsansätze auszumachen (18:30 bis 18:45). Die Wolkenformationen waren wieder einmal phänomenal. Leider hatte ich die Kamera nicht dabei. Es kam zu Verwirbelung an der Wolkenunterseite, Funnels waren aber noch keine zu sehen. Allgemein war die Entwicklung recht turbulent und es steckte viel Dynamik drin (Vorticity auf der Gewittervorderseite?). Über dem Bodanrück waren erste Blitze zu sehen und im NW wurde es bedrohlich dunkel (18:45).

Kurz vor 19:00 ging es los mit unserem Chasing. Ich fuhr mit meinem Bruder auf den Seerücken von wo aus im Norden tolle Wolkenstrukturen zu sehen waren.

Aufgenommen auf dem Seerücken bei Gunterschwil Richtung Steckborn kurz nach 19:00 Uhr


 

Die Wolkenstrukturen deuten auf starke vertikale Windscherung hin.



In den Wolken war unheimlich viel Bewegung drin. Während das Gewitter von NW heranzog, bewegten sich die Wolken schnell von N nach S. Plötzlich waren über dem höchsten Teil des Seerückens einige kleinere Funnelclouds zu sehen. Eine davon kam aus der Wolke heraus, berührte kurz den Boden und war schon wieder verschwunden. Alles in höchstens 15 Sekunden. Rotation war keine erkennbar, aber die Dinger waren wie gesagt klein und ziemlich weit weg. Bei aufsteigendem Fraktus wäre die Entwicklung nicht so rasant gewesen. Die Videokamera habe ich dummerweise im Auto gelassen und auf dem Foto ist so gut wie nichts zu erkennen. Die Entwicklung sah zwar zuerst bedrohlich aus bezüglich möglicher Tornados, das war es aber nicht. Wenn es überhaupt zu Bodenkontakt kam, war es höchstwahrscheinlich F0.

Nicht einmal ich bin sicher, ob das einer der Funnel war!



Dann kam das Gewitter über den See und man sah, dass sich an der Vorderseite eine Böenwalze ausgebildet hatte. Deswegen würde ich sagen, handelte es sich bei den Funnels um Ansätze von Gustnadoes. An der Vorderseite der Böenfront kam es zu orographisch verstärkter Hebung und wahrscheinlich kräftiger Scherung in den unteren Schichten. Der Wind schien mit der Höhe von W nach N zu drehen. Zusammen mit den hohen Taupunkten, den gedämpften Temperaturen durch vorangegangene Gewitter und der daraus resultierenden tiefen Wolkenbasis, reichte das wahrscheinlich aus, um diese Gustnadoes zu bilden. Die Orographie half dabei kräftig mit, denn kaum hatte die Shelfcloud den höchsten Punkt des Seerückens überquert, war von der ganzen Erscheinung nichts mehr zu sehen. Dafür kam uns diese mit einer ungeheuren Geschwindigkeit entgegen. Ich würde schätzen, dass die Wolken mit deutlich über 100 km/h über uns hinweg zogen. Die Böen am Boden hielten sich aber in Grenzen und erreichten vielleicht Sturmstärke. Trotzdem lagen nachher verbreitet kleinere und grössere Äste auf den Strassen. Stellenweise könnten die Böen also wesentlich stärker gewesen sein. Nachher setzte starker, nicht extremer Niederschlag ein ohne Hagel. Eine recht blitzaktive Zelle zog über uns hinweg aus WNW. Der kräftigste Teil zog nördlich an uns vorbei etwa über Kreuzlingen, von wo mir auch Hagel gemeldet wurde.

Nachher verfolgten wir die Zelle noch bis nach Rorschach, hatten aber wieder einmal keine Chance sie einzuholen. Es waren aber einige spektakuläre Blitze zu sehen. Auf dem Rückweg kamen wir in Kreuzlingen nochmals in ein Gewitter. Dieses brachte kräftigen Regen und ein paar Naheinschläge. Ein Blitz davon schlug etwa 50 m neben uns ein.

Fazit: Gutes Chasing mit vermasselten Bildern. Nun kann ich wirklich nicht mehr der Kamera die Schuld geben. Aber vielleicht schaffe ich es dieses Jahr noch einen Funnel zu fotografieren, den man nachher noch als solchen erkennen kann. An diesem Tag gab es mehrere Superzellen. In Fussach/Hard am Bodensee trat sogar ein F2-Superzellentornado auf! http://www.tordach.org/ch/20030626/